Fernwärmetage 2015

Nachlese

Fernwärmetage 2015

Die Jubiläumsveranstaltung in Baden stand unter dem Motto „Fernwärme im Spannungsfeld zwischen Energieeffizienz und Energiewende“. Die Vorträge ließen die wachsende Bedeutung erneuerbarer Ressourcen für die Fernwärme- und Fernkälteversorgung erkennen.

 

Die 10. FGW-Fernwärmetage fanden am 11. und 12. März auf Einladung der EVN Wärme GmbH im Congress Casino Baden statt. Als Auftakt informierte eine kurzweilige Animation über die Geschichte der Fernwärmeversorgung in Österreich. DI Dr. Peter Layr, Vorstandsdirektor der EVN AG und Fachverbands­obmann-Stell­vertreter, nahm in seiner Be­grüßungsansprache dann Be­zug auf die stete technische Weiterentwicklung und hob hervor, dass Fernwärme als Energieform immer offen gegenüber Innovationen war. Nun gelte es die Marktchancen, die sich am Wärmemarkt – und seit einigen Jahren auch am Kältemarkt – bieten, wahrzunehmen. Auf diese Weise sei es möglich, die Auslastung der Anlagen zu erhöhen und so deren Wirtschaftlichkeit zu steigern.

 

Ausbau der Naturwärme in Niederösterreich

Im Anschluss an die Eröffnung präsentierte DI Alfred Freunschlag, Geschäftsführer der EVN Wärme GmbH, sein Unternehmen. Die 100%-Tochter der EVN AG versorgt rund 51.000 Wärmekunden in insgesamt sechs Bundesländern. Der Schwerpunkt der geschäftlichen Tätigkeit liegt aber in Niederösterreich. Der Wärmeabsatz beträgt 1,9 TWh im Jahr. 1,5 Mio. Schütt­raummeter Biomasse werden für die Wärmeerzeugung eingesetzt. Die EVN investiert in den nächsten 4 Jahren 120 Mio. Euro in den weiteren Ausbau der Naturwärmeversorgung. Die dafür notwendigen Biomasseressourcen seien regional vorhanden. Die EVN Wärme GmbH hat auch die Weichen gestellt, um „Naturkälte“ als neues Geschäftsfeld zu entwickeln. In Zukunft soll verstärkt überschüssige Wärme aus Biomasseanlagen mit Hilfe von Absorptionskälteanlagen zur Kühlung von Gebäuden eingesetzt werden. So werden in Niederösterreich etwa die Landeskliniken – sie verursachen 2/3 des Gesamtenergiebedarfs aller Landesgebäude – zunehmend über Kälte-Anlagen der EVN Wärme GmbH klimatisiert.

 

Innovation gemeinsam mit Kunden

Die Energiewirtschaft muss zurzeit die Erfahrung machen, dass seit langem etablierte Geschäftsmodelle an ihre Grenzen stoßen. Neue Mitbewerber am Markt lassen es angemessen erscheinen, sich auf die Suche nach neuen Produkten und Dienstleistungen zu begeben. Anke Meyer-Grashorn (große freiheit GmbH) ist Unternehmensberaterin, die sich auf das Thema Innovation spezialisiert hat. Sie ist also die richtige Frau, um den im Publikum zahlreich vertretenen Entscheidungsträgern Anregungen bei der Suche nach neuen Geschäftsfeldern und Zielgruppen zu geben. Wie sie gleich zu Beginn ihres Vortrages feststellte, gebe es dafür leider keine Patentrezepte. Es sollten aber bei der Entwicklung neuer Konzepte von Anfang an Kunden, Konsumenten und Nutzer in die Suche einbezogen werden. Auf diese Weise könnten unkonventionelle Ideen entstehen – und die wären keine Bedrohung, sondern bieten Chancen.

 

Meldung an Unbekannt

Das im vergangenen Jahr in Kraft getretene Energieeffizienzgesetz verpflichtet Energielieferanten für 0,6 % ihres Jahresabsatzes Effizienzmaßnahmen nachzuweisen. Klaus Dorninger MBA (Energie AG Oberösterreich Power Solutions GmbH) hat für den FGW an den Verhandlungen zur Umsetzung des Gesetzes teilgenommen und informierte in seinem Vortrag über wesentliche zeitliche Eckpunkte. Bis Ende März 2015 müssen geplante Effizienzmaßnahmen ausgeschrieben und bis 14.2.2016 die gesetzten Maßnahmen an die Monitoringstelle gemeldet werden. Die Erfüllung dieser Vorschriften wird dadurch erschwert, dass Mitte März 2015 noch immer nicht feststand, wer die Funktion der Monitoringstelle ausüben wird.

 

Energie-Union: Alter Wein in ­neuen Schläuchen?

Paul Voss ist Geschäftsführer von Euroheat&Power, der Interessenvertretung für Fernwärme, Fernkälte und KWK auf europäischer Ebene. Sein Vortrag hatte die im Februar von der EU-Kommission veröffentlichten Pläne zur Energie-Union zum Gegenstand. Die darin angekündigten Punkte sind laut Voss ein Schritt auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Energieversorgung in Europa – und zwar unter Berücksichtigung der Ziele Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit. Bei der Energie-Union handele es sich um „ Old wine in new bottles“, wichtig sei aber, dass in einer Veröffentlichung der Kommission zur Energie-Union die Bedeutung des Wärmemarktes als Feld für Effizienzmaßnahmen hervorgehoben und eine europäische Wärme- und Kältestrategie angekündigt wird.

 

Attraktives Rahmenprogramm

Nach Abschluss der Vortragsreihe am 1. Veranstaltungstag wurden Führungen durch das Beethovenhaus und die Arnulf Rainer-Ausstellung angeboten. Anschließend fand auf Einladung der EVN Wärme GmbH im Festsaal des Congress Casino Baden der Galaabend statt, zu dem FGW-Obmann Mag. Robert Grüneis die TagungsteilnehmerInnen begrüßte. Für den unterhaltsamen Tagesausklang sorgte die Kabarettgruppe „Comedy-Hirten“ mit Parodien auf prominente Personen.

 

Neue Geschäftsfelder: P2H, Fernkälte, Solarthermie

Am 2. Tag der Veranstaltung, die wie schon in den vergangenen Jahren von Judith Weissenböck kompetent und charmant moderiert wurde, bildeten Vorträge zu technischen Aspekten einen der Themenschwerpunkte.

DI (FH) Sebastian Schuller, MBA (Salzburg AG) berichtete über erste Betriebs- und Einsatzerfahrungen bei einem Power-to-Heat-Projekt seines Unternehmens. Das Betriebskonzept besteht darin, überschüssigen Strom in Form von Regelenergie aus dem Netz zu nehmen, um damit einen 15 MW Heißwasser-Elektrodenkessel aufzuheizen. Das bringt zwei Vorteile: einerseits erhöht der Kessel die Versorgungssicherheit, andererseits kann mit dem Kauf überschüssigen Stroms am Regelenergiemarkt Geld verdient werden, denn die Austria Power Grid zahlt für die Stabilisierung des Stromnetzes. Damit sollen die Investitionskosten von 2,7 Millionen Euro wieder hereinkommen.

Die Versorgung mit Kälte stellt einen Hoffnungsmarkt für Wärmeversorger dar. Vor allem bei geringerer Wärmenachfrage im Sommer kann der Einsatz von Wärme zum Betrieb von Kälteabsorptionsanlagen einen interessanten Absatzmarkt darstellen. Dr. Thomas Angerer leitet bei Wien Energie die Bereiche Wärme und Kälte. In seinem Vortrag informierte er über die Kältezentrale am neuen Wiener Hauptbahnhof, die zurzeit eine Leistung von 20 MW aufweist. Hier kommen auch Absorptionskältemaschinen mit einer Leistung von je 2,7 MW zum Einsatz. Wie Angerer ausführte, sind derartige Absorber nur dann ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll, wenn die eingesetzte Wärme aus Abwärme stammt, wie es am Hauptbahnhof der Fall ist. Im Endausbau soll die Leistung der Kältezentrale 25 MW betragen und für Kühlung von 400.00 m2 Bürofläche sorgen.

Dr. Heiko Huther – Leiter des Bereichs Forschung und Entwicklung der AGFW, der Interessenvertretung für Wärme, Kälte und KWK in Deutschland – referierte über die Einbindung von Solaranlagen in Fernwärmenetze und präsentierte Praxis-Beispiele. Huther wies darauf hin, dass die Verdrängung von KWK-Abwärme durch Solarthermie aus Wirtschaftlichkeits- und Umweltschutzgründen meist nicht zu empfehlen sei. Solarthermie könne aber eine sinnvolle Ergänzung des Wärmeportfolios darstellen, z.B. wenn KWK als Grundlast nicht wirtschaftlich ist oder als Ersatz für Heizwerke und Spitzenlastkessel.

 

Resümee

FGW-Geschäftsführer Michael Mock äußerte sich zufrieden mit der Veranstaltung. Fernwärme sei eine geschätzte und günstige Energieform, mit der auf effiziente Weise Wärme und Kälte zur Verfügung gestellt werden kann. Es habe sich auch gezeigt, dass die heimischen Unternehmen imstande seien, technologische Innovationen zu entwickeln bzw. aufzugreifen. Der Geschäftsführer gab auch bereits bekannt, wo die Fernwärmetage 2016 stattfinden werden: Auf Einladung der KELAG Wärme GmbH wird Velden am Wörthersee Tagungsort sein.