Fernwärmetage 2023

Nachlese

Die Glanzstoff-Werke in St. Pölten waren ein bedeutender Industriebetrieb, der sich aber den veränderten Rahmenbedingungen nicht anpassen konnte und schließlich den Betrieb einstellen musste. Teile der Gebäude wurden revitalisiert und dienen heute unter dem Namen „Die Konerei“ als Veranstaltungszentrum. Am 15. und 16. März fanden hier die Fernwärmetage des FGW statt. Die Location bot sowohl den zahlreichen Tagungsteilnehmenden als auch den ausstellenden Firmen ausreichend Gelegenheit und Platz, um sich über aktuelle Themen der Branche bzw. über Produkte und Dienstleistungen für die Fernwärmeversorgung zu informieren.

FGW-Obmann Peter Weinelt betonte in seiner Eröffnungsrede, dass die Voraussetzungen für den Fernwärmeausbau in Österreich noch nie so gut gewesen seien. Es herrsche Aufbruchsstimmung und viel Zuversicht in der Branche. Die Dekarbonisierung sei aber eine große Aufgabe, für deren Bewältigung neben erheblichen Investitionen auch viele technische Innovationen und passende gesetzliche Rahmenbedingungen notwendig seien.

Die hier angesprochenen Themen wurden auch in den Vorträgen beleuchtet. Inwieweit in den nächsten Jahrzehnten finanzielle Mittel für den Umbau der Energiewirtschaft zur Verfügung stehen, wird nicht zuletzt von der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Österreich abhängen. Monika Köppl-Turyna, Direktorin des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria, nannte in ihrer Keynote die Faktoren, die die wirtschaftliche Entwicklung in Österreich und Europa in den nächsten Jahren bestimmen werden.

 

Fernwärme: Hohes Potenzial für Dekarbonisierung

Günter Pauritsch (Österreichische Energieagentur) präsentierte ein aktualisiertes Szenario zur Dekarbonisierung des Fernwärmesektors bis 2040: Fernwärme wird an Bedeutung gewinnen. Obwohl der Wärmebedarf sinken wird, soll der Fernwärmeabsatz im Vergleich zu heute um ein Drittel auf rd. 27 TWh steigen. Damit nicht genug, müssen die heute noch eingesetzten fossilen Energieträger (vor allem Erdgas) durch erneuerbare ersetzt werden. Biomasse, Geothermie und grüne Gase werden 2040 einen Großteil der Fernwärme liefern. Für die KWK-Anlagen zur Strom- und Fernwärmeerzeugung werden dann bis zu 7,6 TWh Grünes Gas benötigt. Eine weitere Studie zum Beitrag der Fernwärme zur Erreichung des Klimaneutralitätsziels wurde angekündigt. Untersucht werden die Auswirkungen zweier unterschiedlicher Szenarien: eines, das auf eine Elektrifizierung der Energiedienstleistungen setzt, und ein zweites, das einen „diversifizierten Energieträgermix“ vorsieht. Erste Ergebnisse sollen im Juni beim „Zukunftsforum Grünes Gas“ vorgestellt werden.

Gerhard Löffler (Salzburger Landesregierung) sprach über die Rolle der Fernwärme in der Wärmestrategie des Bundes und betonte ihre Vorteile: Sie ermöglicht die Marktdurchdringung erneuerbarer Technologien und den raschen Umstieg von fossilen Einzelheizungen auf erneuerbare Fernwärme. Zudem lässt sich eine Vielzahl von Energieträgern und Technologien einsetzen. Die Wärmewende mit Fernwärme kann, gesamtwirtschaftlich betrachtet, kostengünstiger umgesetzt werden als mit Einzelheizungen.

Michael Meinecke (Stadtwerke München) berichtete, dass der Fernwärmebedarf in Bayerns Hauptstadt durch Geothermieausbau und Abwärmenutzung bis 2040 weitgehend CO2-neutral gedeckt werden kann.

 

Branche setzt auf Ausbildung und Kommunikation

Am zweiten Veranstaltungstag stand zunächst das Thema Fachkräftemangel am Programm. Für Unternehmen wird es immer schwieriger, genügend geeignete Bewerber für offene Stellen zu finden. Die Branche hat auf diese Situation reagiert und die Ausbildung zum Fernwärmetechniker ins Leben gerufen. Weitere Vorträge befassten sich mit technischen Innovationen in der Wärmeversorgung, u.a. dem Einsatz von KI-Systemen zur Optimierung des Netzbetriebs und des Betriebs von Erzeugungsanlagen.

FGW-Bereichssprecher Alexander Wallisch und Rechtsanwalt Gregor Schett informierten über die Erstellung eines Leitfadens, der Versorger dabei unterstützen soll, ihre Kunden über die wesentlichen Punkte des Liefervertrages und der Preisbildung zu informieren. So soll die Transparenz gegenüber den Kunden und damit die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen erhöht werden.

Zum Gastgeber Fernwärme St. Pölten gab Geschäftsführer Anton Waxenegger einen geschichtlichen Überblick und berichtete über die Entwicklung des Geschäftsfeldes Fernkälte zur Versorgung des Landesklinikums.

 

Resümee
Das Vortragsprogramm der Fernwärmetage 2023 vermittelte einen guten Überblick über wirtschaftliche und technische Weichenstellungen, die in den nächsten Jahren von den Unternehmen vorgenommen werden müssen, damit die Fernwärme ihr Potenzial im Umbau der Energieversorgung ausschöpfen kann. Darüber hinaus bot die hervorragend organisierte Veranstaltung Gelegenheit zur Kontaktpflege am Galaabend und eine sehr interessante Stadtführung. Im Rahmen der Abendveranstaltung wurde auch – symbolisiert durch die Übergabe eines Staffelholzes an den Verantwortlichen der Fernwärmeversorgung Linz – die oberösterreichische Landeshauptstadt als Veranstaltungsort der Fernwärmetage 2024 bekanntgegeben.