Am 16. und 17. März trafen sich 220 Teilnehmer im Congress Center Villach, um sich über die aktuellen Entwicklungen in der Fernwärmebranche zu informieren. Viele Interessierte, die nicht anwesend sein konnten, verfolgten die Veranstaltung über einen Live-Stream. Begrüßt wurden sie vom stellvertretenden Obmann des Fachverbands Gas Wärme, Gerhard Fida. Er machte klar, dass die Fernwärmewirtschaft bereit ist, ihre wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung der Energieversorgung wahrzunehmen. Schon jetzt stammen 50% der Fernwärme aus erneuerbaren Ressourcen. Dieser Anteil soll in den kommenden Jahren durch die Nutzung zusätzlicher Potenziale wie z.B. Biomasse, Abwärme und Geothermie und den Möglichkeiten zur Sektorkopplung ständig ausgebaut werden. Doch dafür braucht es geeignete gesetzliche Rahmen- und Förderbedingungen. Keine größere Stadt kann ohne Fernwärme klimafreundlich beheizt werden, so Fida.
Auch Manfred Freitag, Sprecher des Vorstandes der KELAG machte bei seiner Begrüßung deutlich, dass die Energiewende nicht allein eine Stromwende ist, sondern auch eine Mobilitäts- und Wärmewende. Die Fernwärmebranche ist bereit, ihren Beitrag zu leisten und dabei auch durch inländische Wertschöpfung den Wirtschaftsstandort Österreich zu stützen.
Die Vorträge an den beiden Tagen befassten sich mit den Voraussetzungen für eine Dekarbonisierung des Wärmesektors. Dieses Vorhaben ist – wie Danny Güthlein, Vorstandsmitglied der KELAG – ausführte, der Schlüssel für die Energiewende. 87 TWh fossile Energie müssen bis 2040 bei Raumwärme und Prozesswärme durch Erneuerbare ersetzt werden. Im Stadtgebiet sollte – so Güthlein – die Netzdichte der Fernwärme erhöht werden und neue Systeme dort installiert werden, wo es sinnhaft ist. Wo nur eine Einzelheizung in Frage kommt, seien Wärmepumpen sinnvoll. Grundsätzlich sei ein „gesunder“ ausgewogener Mix bei den Erzeugungstechnologien anzustreben, so dass die Preise für die Errichtung der Anlagen stabil bleiben. Auch Gerhard Löffler von der Energieabteilung des Landes Salzburg bezeichnete die netzgebundene erneuerbare Wärmeversorgung als wichtigen Baustein für die Dekarbonisierung der Erzeugung. Höchste Priorität habe allerdings in seinem Bundesland die Reduktion des Wärmebedarfs durch Energieeffizienzmaßnahmen.
Etliche Vorträge behandelten Technologien zur erneuerbaren Wärmeerzeugung. So wurde das Projekt GeoTief Wien von Peter Keglovic, Wien Energie GmbH, vorgestellt. Seit 2015 läuft dieses Projekt. Es wurden aufwendige Untersuchungen durchgeführt. Im Vorjahr wurde man fündig und es wurde Thermalwasser mit einer Temperatur von 95 °C gefördert. Bis 2030 will man bei Wien Energie ein Potenzial von 120 MWth für die Fernwärmeversorgung erschließen. Abwärme aus den Fertigungsanlagen des VOEST-Konzerns wird für die Wärmeversorgung von Linz, Leoben und Kapfenberg eingesetzt. Wolfgang Sparlinek berichtet über die Herausforderungen, die dabei zu bewältigen sind, wie z.B. die saisonal stark schwankende Wärmenachfrage.
Werner Gruber stellte in seinem Vortrag in launiger Weise – wofür er ja bekannt ist – einige Missverständnisse im Zusammenhang mit Energie- und Klimadebatte richtig. Viele Ansätze und Großprojekte wie z.B. Desert-Tec zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Ressourcen seien auf technologische Hindernisse gestoßen bzw. mit Nachteilen wie z.B. mangelnde Grundlastfähigkeit behaftet. Eine Lösung stellte er allerdings in Aussicht: In Südfrankreich wird der Versuchs-Kernfusionsreaktor ITER gebaut, mit dem Fernziel der Stromerzeugung aus Fusionsenergie. 2025 soll der Reaktor in Betrieb gehen, 2035 sollen die Forschungen abgeschlossen sein. Für den Fall, dass sie erfolgreich sind, ist geplant, mit dem Nachfolgeprojekt DEMO zu zeigen, dass Strom mit Kernfusion sicher und konstant erzeugt werden kann. Ist das der Fall, sieht Gruber darin die Lösung für unsere Energieprobleme, da mit dieser Technologie genügend Strom für alle Bedürfnisse erzeugt werden kann.
Am 2. Veranstaltungstag wurden innovative Technologien zur Fernwärmeversorgung vorgestellt. Dazu zählt z.B. die Lecksuche mittels Drohnen oder die mobile Wärmeversorgung. Im Rahmen einer begleitenden Industrieausstellung präsentierten 29 Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen den Tagungsteilnehmern.
Die Fernwärmetage in Villach boten den Teilnehmern auch ein attraktives Rahmenprogramm. So hatten sie die Möglichkeit an einem geführten Stadtrundgang teilzunehmen. Geschlossen wurde der 1. Veranstaltungstag mit einem Come Together, zu dem die KELAG Energie und Wärme GmbH geladen hatte, das Gelegenheit zum Meinungsaustausch und zur Kontaktpflege bot. Dabei wurde mit St. Pölten auch der Veranstaltungsort der Fernwärmetage 2023 bekanntgegeben.
Resümee
Die Vorträge und Diskussionsbeiträge bei den heurigen Fernwärmetagen haben gezeigt, dass der Ausbau der Fernwärmenetze und der Einsatz erneuerbarer Erzeugungstechnologien große Bedeutung für die angestrebte Dekarbonisierung des Wärmesektors hat. Energieversorger und eine leistungsfähige Industrie sind bei geeigneten Rahmenbedingungen in der Lage, für dieses Vorhaben die passenden Lösungen zu entwickeln.