Fernwärmetage 2019

Nachlese

14. FGW Fernwärmetage 2019 in Wien

Die Zeichen zeigen in Richtung erneuerbare Wärmeversorgung: Die Politik verlangt von der Wärmebranche Lösungen, um das Vorhaben Dekarbonisierung durchführen zu können.

Bei den diesjährigen Fernwärmetagen des FGW, die unter dem Motto „Grüne Wärme“ am 20. und 21. März im MuseumsQuartier in Wien abgehalten wurden, lag ein Fokus auf dem Potenzial, das die Fernwärme bei der notwendigen Dekarbonisierung des Wärmesektors bereithält.

FGW-Obmann DI Peter Weinelt strich in seiner Begrüßungsrede vor mehr als 215 Anwesenden heraus, dass die Fern- und Nahwärmeversorgung bereits jetzt Dank Biomasse und Abwärme aus der Stromerzeugung fast zur Hälfte erneuerbar ist. Er äußerte sich auch zufrieden darüber, dass in der aktuellen energiepolitischen Diskussion die Strom- und Wärmeerzeugung nun gesamthaft betrachtet wird. Gerade für die Flexibilisierung der schwankenden Erzeugung bei Windkraftanlagen bieten Technologien wie Elektrodenkessel oder Großwärmepumpen Möglichkeiten, überschüssige Strommengen zu verwerten. Die Unternehmen der Wärmebranche seien auch bereit, bei gesicherten Rahmenbedingungen diesen Erneuerbaren-Anteil weiter auszubauen. Weinelt nannte beispielhaft eine ausreichende Dotierung des Wärme- und Kälteleitungsausbau-Gesetzes, die seit 2009 nicht erfolgt ist. Mit seiner Greening the Gas-Initiative will der FGW zudem die Grundlagen für weitere Möglichkeit schaffen, erneuerbare Gase im großen Maßstab auch für die Wärmeversorgung zu nutzen.

Innovation und langfristige Weichenstellungen

Die Forderungen nach verlässlichen politischen und finanziellen Rahmenbedingungen für den Ausbau erneuerbarer Fernwärme konnte der FGW direkt an zwei anwesende hochrangige Vertreter des auch für Energieangelegenheiten zuständigen Ministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) richten. Generalsekretär DI Josef Plank macht in seinem Vortrag klar: „Die Anstrengungen zum nachhaltigen Umbau des Energiesystems werden nicht unternommen, um einen Klimavertrag zu erfüllen, sondern um die Herausforderungen, die uns auf Grund der globalen Erwärmung bevorstehen, bewältigen zu können. In Österreich kann die Fernwärme-Branche dabei durch innovative Lösungen einen erheblichen Beitrag leisten“. Plank kündige für Jahresende einen „Aktionsplan Wärme“ an, mit dem die von der Branche benötigten langfristen Weichenstellungen vorgenommen werden sollen. Man wolle in Österreich bis 2030 den Erneuerbaren-Anteil am Energieverbrauch auf 40–45 % anheben (dzt. knapp 34 %). Dafür sei es auch notwendig, die Sektorenkopplung – also die gemeinsame Betrachtung von Strom, Wärme und Mobilität – in viel stärkerem Ausmaß als bisher zu realisieren. Die Fernwärme sei schon jetzt bei diesem Vorhaben ein ganz starker Partner.

Das Ziel steht fest, der Weg noch nicht

Dr. Jürgen Schneider, Leiter der Sektion Klima im BMNT, hob hervor, dass Maßnahmen für den Umbau des Wärmesystems in Österreich auf Grund der Gesetzeslage nur in Zusammenarbeit mit den Bundesländern und Kommunen erfolgen kann. Die Verwirklichung der internationalen Klimaziele bedeutet aber, dass bis 2050 nicht nur der Ausstieg aus der fossilen Energieerzeugung erfolgen muss, sondern zusätzlich auch der Ausstoß aller nicht-energetischen Treibhausgasemissionen (wie z.B. aus Düngemitteln entstehendes Lachgas oder Methan aus der Landwirtschaft) kompensiert werden muss, z.B. durch Erhaltung bzw. Aufforstung von Wäldern. Außerdem müsse Österreich bis 2030 den Treibhausgasausstoß außerhalb des Emissionshandelssystems um 36 % gegenüber 2005 verringern. Die Emissionen für die Wärmeerzeugung in Gebäuden sollen daher von jährlich 8 Mio. Tonnen auf 5 Mio. Tonnen sinken. Das wolle man mit Maßnahmen im Bereich der Wohnbauförderung und Bauordnung erreichen sowie durch eine Erhöhung der Sanierungsrate. Der Einsatz erneuerbarer Gase wie Biomethan und die Beimischung von Wasserstoff zu Erdgas sind ebenfalls vorgesehen.

Schneider richtete den Vertretern der Wärmbranche eine klare Botschaft von Seiten der Regierung aus: Man werde nicht mehr darüber diskutieren, warum man den Prozess der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung durchführen will, sondern man wünsche sich Lösungen, wie dieses große Vorhaben gelingen kann.

Präsentation von Lösungen

Eben dieses WIE war dann auch Gegenstand der Fachvorträge. DI Karl Gruber (Wien Energie) berichtete über Vorhaben und bereits realisierten Projekte seines Unternehmens zur Integration erneuerbarer Wärme und die Verteilung über die Fernwärme-Infrastruktur.

Das hohe Potenzial an agrarischen Roh- und Reststoffen für die Wärmeversorgung führte Franz Titschenbacher, Präsident des Österreichischen Biomasseverbandes an. Derzeit würden 5,5 Mio. Tonnen Biomasse und Reststoffe für die Gewinnung von Fernwärme genützt. Mittelfristig könnten 11 Mio. Tonnen an nachwachsenden Rohstoffen vermarktet werden.

Am zweiten Tag der Veranstaltung bildeten konkrete Projekte rund um die erneuerbare Potenziale wie Geothermie, Solarthermie und Fernkälte sowie Technologien zur Effizienzsteigerung in der Fernwärmeversorgung thematische Schwerpunkte.

Die Wärmebranche arbeitet seit Jahren konsequent an der Nutzung erneuerbarer Quellen und sie ist in der Lage und bereit, die von der Politik verlangten Lösungen zu liefern. Dieser Eindruck verstärkte sich auch bei den informellen Gesprächen in den Pausen oder bei den Events des Rahmenprogramms wie einer Fahrt mit einer Oldtimer-Straßenbahn und dem Festabend im Palais Ferstel in der Wiener Innenstadt.