Fernwärmetage 2018

Nachlese

 

Beim diesjährigen Treff der Fernwärmewirtschaft wurden die Vorzüge der Fernwärme in Hinblick auf eine dekarbonisierte Energieversorgung deutlich. In der Klima- und Energiestrategie müssen nun die Weichen für den weiteren Ausbau erneuerbarer Fernwärmelösungen gestellt werden.

 

Welche Zukunft hat Fernwärme in einem künftig weitgehend dekarbonisierten Umfeld? Diese Frage wurde bei den heurigen Fernwärmetagen, die der Fachverband Gas Wärme am 7. und 8. März in Salzburg abhielt, eingehend erörtert. Rund 200 ExpertInnen waren im Salzburg Congress zusammengekommen, um aktuelle Branchenthemen zu diskutieren bzw. sich auf der begleitenden Industrieausstellung über Produkte und Dienstleistungen rund um die Fernwärmeversorgung zu informieren.

 

Fernwärme: gute Voraussetzung für Dekarbonisierung

FGW-Obmann DI Peter Weinelt betonte bei seiner Begrüßungsansprache die Bedeutung der künftigen Klima- und Energiestrategie für den weiteren Ausbau der Wärmewirtschaft. Die Branche stehe bereit, und viele Ideen, die jetzt als neu diskutiert werden, sind von den Wärmeunternehmen schon seit langem umgesetzt worden. Als Beispiel nannte er die Sektorenkopplung: Gas-, Strom- und Fernwärmesysteme werden in den Unternehmen selbstverständlich als verbunden betrachtet und behandelt. Zu begrüßen sei allerdings, dass beim Thema Energiewende mittlerweile eine gesamthafte Betrachtung des Energiesystems angestellt wird und nicht mehr nur der Stromsektor im Fokus steht.

 

Auch Salzburg AG Vorstand Dr. Leonhard Schitter befasste sich in seinem Vortrag mit der Frage, ob Fernwärme eine Energieform von morgen sei. In Europa werden derzeit 60 Millionen Menschen mit Fernwärme versorgt und ca. 57 % der Bevölkerung in der Europäischen Union leben in Regionen mit Zugang zu Fernwärmesystemen. 70 % des EU-weiten Energieverbrauchs entfällt auf Städte, also auf Regionen, die wegen hoher Wärmedichten gute Voraussetzungen für die Fernwärmeversorgung und damit für den Einsatz erneuerbarer Energieträger und hocheffizienter Technologien bieten. Aber Schitter machte auch klar, dass es wegen dieser guten Voraussetzungen nötig ist, im Wärmebereich nun – wie im gesamten Energiemarkt – mit technischen und organisatorischen Innovationen Zukunftsweichen zu stellen. Er nannte eine integrierte Stadtplanung zur Erschließung neuer Versorgungsgebiete, eine marktpreisabhängige und vollautomatisierte Fahrplanerstellung sowie die Entkopplung von Erzeugung und Bedarf durch Wärmespeicherung als mögliche Handlungsfelder. Mit derartigen innovativen Maßnahmen sei es möglich, die Attraktivität der Fernwärme langfristig zu sichern.

 

DI Karl Gruber, Geschäftsführer der Wien Energie GmbH und Bereichssprecher Wärme im FGW, hob ebenfalls die Vorzüge der Fernwärme in Hinblick auf eine Dekarbonisierung des Energiesystems hervor. Diese ist für Fernwärme wesentlich leichter umzusetzen als in anderen Sparten, weil sie auf eine Vielzahl von erneuerbaren Ressourcen zurückgreifen kann. Bei geeigneten Rahmenbedingungen kann Fernwärme wesentlich zum Ziel der Dekarbonisierung beitragen und zudem Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Leistbarkeit gewährleisten.

 

Fernwärmeversorgung in Theorie und Praxis

Sollte jemand unter den Anwesenden eine innovative Geschäftsidee mit sich herumgetragen, sie aber mangels finanzkräftiger Partner noch nicht verwirklicht haben, so war er bei den Fernwärmetagen jedenfalls am richtigen Ort. Der internationale Pitch-Coach David Beckett erläuterte, wie man bei einem Pitch – also einer Verkaufspräsentation oder einen Gespräch mit Investoren – möglichst überzeugend wirkt. Selbstbewusste Körpersprache und Beschränkung auf das Wesentliche lautet sein Rezept.

 

Vorträge zum Stand der Umsetzung des Clean-Energy-Pakets, zur Bedeutung von Biomasse für die Wärmeversorgung und ein Zwischenergebnis in der Umsetzung des Energieeffizienzgesetzes waren weitere Programmpunkte am ersten Tag der Veranstaltung, die wie schon in den Jahren zuvor von Judith Weissenböck kompetent moderiert wurde. Im Anschluss an die Vorträge konnten bei einer Besichtigung des Heizkraftwerks Mitte interessante Fakten zum Zusammenspiel und zur Abstimmung der Strom- und Wärmeproduktion für Salzburg unter Einbindung eines Wärmespeichers und einer Power-to-Heat-Anlage in Erfahrung gebracht werden.

 

Das Galadinner im Pitter Event Center, zu dem die Salzburg AG geladen hatte, bildete den gelungenen Abschluss des ersten Veranstaltungstages. FGW-Obmann Weinelt und VDir. Schitter standen dabei der Ö3-Moderatorin Olivia Peter auf unterhaltsame Weise zu Themen der Energieversorgung im weitesten Sinn Rede und Antwort. Weinelt sprach darüber hinaus eine Einladung der Wien Energie GmbH für die Fernwärmetage 2019 aus.

 

Die Referenten des Folgetages behandelten unter anderem digitale Prozesse zur optimalen Betriebsführung, den wirtschaftlichen Einsatz von Wärmespeichern und P2H-Anlagen sowie die Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung bezüglich der Organisation personenbezogener Daten. Den Abschluss bildete ein Vortragsblock über die Optimierung von Erzeugungsanlagen bzw. die Anbindung eines großen, neu errichteten Bürostandorts an die Fernwärme- und -kälteversorgung in Wien.

 

Resümee

Die Vorträge und Diskussionen bei den diesjährigen Fernwärmetagen machten das große Potenzial von innovativen Fernwärme- und Fernkältelösungen deutlich. Um es auch nützen zu können, sind laut FGW-Geschäftsführer Mag. Michael Mock allerdings geeignete Rahmenbedingungen nötig. Deshalb seien auch die Inhalte der Klima- und Energiestrategie 2030 für eine Weichenstellung in Richtung dekarbonisierte Wärmeversorgung entscheidend.