Fernwärmetage 2017

Nachlese

Am 8. und 9. März wurden auf Einladung der Energie Steiermark AG im Impulsquartier Loipersdorf die Fernwärmetage 2017 abgehalten. Im Vortragsprogramm bildeten Referate zu rechtlichen wirtschaftlichen und technischen Aspekte der Nutzung erneuerbarer Energieformen den thematischen Schwerpunkt.

 

Eröffnet wurden die diesjährigen Fernwärmetage durch VDir. DI (FH) Mag. (FH) Martin Graf, der sein Unternehmen, die Energie Steiermark AG präsentierte. Über 24 Fernwärme-Netze werden betrieben, der Wärmeabsatz betrug im letzten Geschäftsjahr 1.450 GWh. Graf sieht weiteres Potenzial, vor allem für erneuerbare Erzeugungsformen. Die Energiewende sei ohne Wärmewende nicht möglich. Dafür seien jedoch hohe Investitionen nötig, für die passende Rahmenbedingungen eine unabdingbare Voraussetzung darstellen. Ein ähnliches Resümee zog DI Helmut Ernst, Leiter des Bereichs „Technik und Normung“ bei der AGFW. Am Ausbau der Fernwärmeversorgung führe kein Weg vorbei. Derzeit sei aber ein nachhaltiger Betrieb der Anlagen nicht möglich, denn die Volatilität bei erneuerbarer Stromerzeugung stelle eine große technische Belastung für die fossilen Kraftwerke dar. Darüber hinaus sei es notwendig, auf die anstehende Pensionierungswelle zu reagieren und durch Qualifizierung und Personalentwicklung die Fernwärmekompetenz zu erhalten.

Zwei Vorträge hatten das „Clean Energy-Paket“ – eine von der EU-Kommission veröffentliche Sammlung legistischer Vorschläge zur künftigen Energiepolitik – zum Gegenstand, die auch einen Entwurf zur Abänderung der Erneuerbaren Energien-Richtlinie enthält. Wie der Präsident von EUROHEAT & POWER, DI Werner Lutsch in seinem Referat ausführte, ist darin ein sogenannter „Third Party Access“ enthalten. Fernwärmebetreiber sollen einem Dritten die Möglichkeit geben, erneuerbare Wärme bzw. Abwärme in ihr System einzuspeisen, um eigene Kunden zu versorgen. Lutsch kündigte Initiativen an, um diese Bestimmung zu verhindern, da sie die Netzsteuerung erschwert und für die vielen kleinen Unternehmen wenn überhaupt nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchführbar wäre.

Dr. Michael Losch ist Leiter der Sektion Energie und Bergbau im Wirtschaftsministerium. Er informierte darüber, dass bei der endgültigen Ausgestaltung der Richtlinien und Verordnungen auf Kosteneffizienz und Beibehaltung nationale Spielräume Wert gelegt wird. Kritisch hingegen sieht er die Öffnung der nationalen Fördersysteme für in anderen Mitgliedsstaaten durchgeführte Erneuerbaren-Projekte. Hinsichtlich der für Juni angekündigten integrierten Klima- und Energiestrategie 2030 verwies Losch auf das bekannte „Zielquadrat“, beim dem neben der ökologischen Komponente (Reduktion des Treibhausgasausstoßes, Energieeffizienz, Ausbau Erneuerbarer Energieträger) auch die Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Leistbarkeit Berücksichtigung finden sollen. Es sei im Übrigen nicht einfach, sich auf ein bestimmtes Szenario festzulegen, da es unterschiedliche Prognosen hinsichtlich Ölpreis, CO2-Preis, Wirtschaftswachstum gäbe.

 

Kritik und Lob oder Wie zufrieden sind die Fernwärmekunden?

„Kritik – die Waffe des Kunden im 21. Jahrhundert“, das war der Titel des Vortrags von Thomas Wollner, Geschäftsführer der Rosenberger Gruppe, die Autobahnraststätten und Seminarhotels betreibt. Die grundlegende Botschaften seines interessanten Vortrags lassen sich so zusammenfassen: Kritik sollte in einem Unternehmen Chefsache sein und damit ernst genommen werden, unzufriedene Kunden schaden dem Image und oft beruht der geäußerte Unmut auch auf mangelnder Information.

Mit Kritik war die Fernwärmewirtschaft am Anfang dieses Jahres konfrontiert. Dass man bereit ist, sich damit auseinanderzusetzen, ist daran erkennbar, dass die Kritikerin zu den Fernwärmetagen als Referentin eingeladen war. Mag. Dorothea Herzele, bei der Arbeiterkammer Wien für Energiepolitik zuständig, erläuterte, dass bei der AK immer wieder Beschwerden von Fernwärmekunden im Zusammenhang mit der Heizkostenabrechnung vorgebracht würden. In einer Untersuchung wurden folgende Kernprobleme ausgemacht: Intransparenz bei Preisbildung bzw. Abrechnung, schwache Preiskontrolle, fehlender Konsumenten- und Rechtsschutz. Herzele kündigte Gespräche mit der Fernwärmebranche und Unternehmen an, um die aus Sicht der AK vorliegenden Missstände zu beseitigen. Ein weiterer AK-Vertreter, Mag. Dr. Robert Mödlhammer, informierte über das Instrument der Verbandsklage, die die Bundesarbeiterkammer oder der Verein für Konsumentenschutz gegen Unternehmen einbringen können, bei denen sie gesetzeswidrige Geschäftspraktiken vermuten. Und genau die Möglichkeit derartiger Klagen gegen Fernwärmeunternehmen stellte Mödlhammer für den Fall in den Raum, dass die in einem zuvor übermittelten Abmahnungsschreiben beanstandenden Mängel nicht beseitigt werden.

Es gibt aber nicht nur unzufriedene Fernwärmekunden, sondern im Gegenteil auch hohe Zustimmung. Dr. Alexander Zauner vom Marktforschungsinstitut marketmind präsentierte die Ergebnisse einer kürzlich im Auftrag des FGW durchgeführten Befragung.  Die Zufriedenheit mit der Fernwärmeheizung erreicht wie seit Jahren hohe Werte: Rund 90% der Fernwärmenutzer sind mit ihrer Heizung sehr zufrieden oder zufrieden. Gegenüber 2015 ist Fernwärme noch attraktiver geworden.

 

Neue Anlagen für mehr Erneuerbare

Die erneuerbare Wärmeerzeugung bildete den Schwerpunkt der Vorträge am zweiten Veranstaltungstag. Wie Dipl.-WI (FH) Peter Schlemmer (Energie Graz) berichtete, wird der neue Stadtteil auf den Reininghaus-Gründen künftig unter Einsatz zweier hocheffizienter industrieller Wärmepumpen mit Abwärme aus dem Stahlwerk Marienhütte versorgt. DI Dr. Helmfried Spiegel (Energie Steiermark) berichtete über den Stand der Realisierung des Projektes „Big Solar Graz“. Derzeit ist man mit der Sicherung der Grundstücke für 450.000 m2 Solarpanelen und einen Erdspeicher mit einem Fassungsvermögen von rund 1,8 Mio. m3 befasst. Mit der Errichtung des visionären Projekts ist die Arcon Sumark GmbH ist beauftragt. Laut Geschäftsführer DI Christian Stadler könnte im Herbst 2018 mit den Energielieferungen begonnen werden, allerdings zunächst noch ohne Wärme aus dem Speicher. Zur Absicherung der Wärmeversorgung setzt man in Graz auf Bewährtes. DI Martin Zimmel (Energie Steiermark) informierte über die Planung und Errichtung der Ausfallsreserve Puchstraße, ein Heizwerk mit erdgasbefeuerten Kesselanlagen mit einer Leistung von 195 MWth. Die Inbetriebnahme erfolgte zu Beginn dieses Jahres – gerade rechtzeitig, um auch Verbrauchsspitzen im kalten Jänner abdecken zu können.

In Klagenfurt denkt man ebenfalls über die Nutzung von gewerblicher Abwärme nach. Laut DI Gerhard Bucar von der Grazer Energieagentur GmbH wäre dafür die Errichtung eines Erdspeichers (ca. 200.000 m3) zur Aufnahme der im Sommer anfallenden Abwärme notwendig.

DI Christof Amann (e7 Energie Markt Analyse GmbH) beleuchtete die Einsatzmöglichkeiten dezentraler Wärmepumpenkonzepte in Stadtentwicklungsgebieten. Derartige Lösungen seien über den Lebenszyklus gesehen kostenmäßig mit Fernwärme vergleichbar. Dr. Lukas Kranzl ist Mitglied der „Energy Expert Group“ an der TU Wien. Er sprach über die Optionen und Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Einsatz der Power-to-Heat-Technologie (P2H) für die Fernwärmeversorgung. Damit könne die Diversifizierung der Erzeugungsportfolios erreicht werden. Für den wirtschaftlichen Einsatz wären allerdings Anpassungen bei Netzentgelten, Steuern und Abgaben notwendig.

DI Georg Geißegger ist bei Wien Energie für die Energie- und Anlagenoptimierung zuständig. Er berichtete über ein 10-Jahres-Programm zur systematischen Optimierung von Eigen- und Kundenanlagen, um höhere Temperaturspreizungen im Betrieb der Wärmeversorgunganlagen zu erreichen.

Zuverlässige Versorgung mit Fernwärme benötigt auch zuverlässige Produkte. DI Christian Buchbauer (Herz Armaturen Ges.m.b.H.) informierte über die Produktpalette seines Unternehmens, darunter vorgefertigte Hausübergabestationen, die gemäß spezifischen Kundenwünschen entwickelt und getestet werden.

 

Resümee

Für FGW-Geschäftsführer Mag. Michael Mock haben die Vorträge deutlich gemacht, dass die Unternehmen der Fernwärmebranche eine Vielfalt von Möglichkeiten haben, erneuerbare Ressourcen zu nutzen. Es gäbe innovative Lösungen und der FGW werde sich für passende rechtliche Rahmenbedingungen einsetzen, so Mock.

Der Schauplatz der Fernwärmetage 2018 steht bereits fest. Beim Galaabend, den die Energie Steiermark im Impulsquartier Loipersdorf ausgerichtete, lud Ing. Kurt Nadeje (Salzburg AG) dazu ein, nächstes Jahr in die Stadt Salzburg zu kommen.